Das Internet - Segen oder Fluch - Teil 2, mit Buch-Tipps

In den vergangenen Wochen war es etwas still auf erbsenkoenigin.de, denn ich hatte bemerkt, dass mich das ständige Nachschauen auf Handy, Tablet und PC, wer welche Beiträge angeschaut und gelikt (so schreibt man das offiziell nach Duden! Hab‘ ich gegoogelt...) hat oder via SEO, wie viele Besucherinnen und Besucher die Seite hatte, enorm gestresst hat. Lustigerweise hatte ich vergangenen Sommer bereits darüber geschrieben, veröffentlicht vor kurzem hier.

 

Ich merke immer wieder, dass ich oft so unruhig und unzufrieden mit mir selber bin, beziehungsweise ich nicht die innere Ruhe habe, mich abends „nur“ auf’s Lesen und Fernsehen zu beschränken. Nein - nebenher poste ich Bilder vom Abendessen auf Instagram, beobachte jeden neuen Like, überlege, was ich morgen für Bildchen reinstellen könnte, denn gerade haben sich die Follower vermehrt – die muss ich ja bei der Stange halten. Kurz auf Facebook rein schauen, wie mein Essensfoto, das ich parallel dort gepostet habe, ankommt. Kommentieren, mich bedanken, muss, muss, muss, muss.

 

 

 

Ach ja, den Kartenverkauf für meine Vorstellungen von „Mythos Marlene“ in einem kleinen Theater kann ich auch genauestens via okticket.de alle zehn Minuten kontrollieren. „Oh, wieder zwei Karten weniger, haben die abgesagt?“ Ich kam überhaupt nicht mehr zur Ruhe, der Schlaf war dementsprechend mies. So kann das nicht weitergehen. Nachts schalte ich jetzt wenigstens auf Flugmodus, aber das scheint mir nicht genug. Ich brauche einen genauen Zeitplan.

 

Da kam mir dieses Buch des Autorenduos Sarah Diefenbach und Daniel Ullrich rechtzeitig ins Haus geflattert: „Digitale Depression – wie neue Medien unser Glücksempfinden verändern“ (mvg verlag). Aus dem Klappentext: „Ein wunderschöner Strand im Abendlicht, die Sonne verschwindet am Horizont. Ein ganz besonderer Moment, den man genießen sollte, im Hier und Jetzt. Doch immer mehr Menschen zerstören solche unmittelbaren Glücksmomente, indem sie ihr Smartphone zücken, um das perfekte Foto zu schießen - während der magische Augenblick vorbeizieht…“

 

Gut auf den Punkt gebracht oder?

 

Es geht mehr oder minder um Glücksfallen, in die wir alle immer öfter stolpern. Ein Freund kommt zu Besuch, schreibt aber die ganze Zeit per WhatsApp an seine Freundin statt sich zu unterhalten. Was ist eine Wandertour oder der Kurzurlaub noch wert, wenn er nicht auf Facebook mit seinen Followern und "Freunden" geteilt wird? Es geht auch um den Verlust von echter Wahrnehmung, darum dass Erlebnisse immer öfter dokumentiert statt wirklich erlebt werden. Technik füllt heute alle Lücken und Leerräume, in denen potenziell so etwas wie Langeweile entstehen könnte. Die Umwelt wird immer weniger wahrgenommen. Fitnesstracker übernehmen die Kontrolle, Stichwort Selbstoptimierung... Ständig sind wir überall für jeden erreichbar, das Smartphone abschalten? Undenkbar...  Wir lassen uns von wildfremden Trollen verunsichern: also Menschen, die sich im echten Leben nie trauen würden, einen anzusprechen.

 

Das Buch macht nachdenklich, zeigt aber keine schnellen Lösungswege auf. Schließlich ist der Umgang mit den Neuerungen sehr altersspezifisch und individuell, trotzdem ein gutes Geschenk - für einen selber und sicher für alle Internetsüchtigen...

 

 

Das zweite Buch, das ich euch vorstellen möchte, ist bei Hanser erschienen. Der Autor Markus Albers ist Medienexperte und zeigt in "Digitale Erschöpfung" auf, wie das Internet, die digitalen Medien unser Berufsleben, die gesamte Arbeitswelt heutzutage dominiert. Erschreckende Zahlen werden hier genannt: 84 Prozent aller deutschen Arbeitnehmer sind erreichbar, nachdem sie das Büro verlassen haben. 46 Prozent geben an, keine 5-Tage-Woche zu haben, sondern auch abends und an den Wochenenden zu arbeiten...  67 Prozent antworten auf dienstliche Anrufe, E-Mails und Kurznachrichten auch während ihres Sommerurlaubs. Unglaublich oder?

 

Albers bezeichnet sich nicht als Technikfeind, zeigt aber die Gefahren auf, die durch sogenannte "New-Work-Apologeten" zutage treten: niemand muss mehr zu festen Zeiten in einem Büro arbeiten, Arbeiten wird ortsunabhängig, Treffpunkte verändern sich, Vorgesetzte sind immer ansprechbar, greifbar. Alles wird digitalisiert, Arbeitsabläufe, Sheets, Work in Progress: alles ist von allen ständig einsehbar und wird in Minutenabständen kommentiert. Zum Nachdenken hat Albers seine 4-jährige Tochter gebracht, die gesagt hat: "Papa, du starrst immer auf dein Handy!"

 

Und anders als im ersten Buch bietet der Autor kapitelweise konkrete Strategien, die einen aus der digitalen Erschöpfung herausleiten können: Geräte haben eine bestimmte Funktion und einen Ort (der Arbeitslaptop bleibt zum Beispiel im Büro). E-Mails werden nur mehr einmal pro Stunde gecheckt, besser dreimal pro Tag. Und für Arbeitgeber zum Beispiel: "Akzeptieren, dass manche Mitarbeiter einfach mehr Ruhe brauchen als andere. Vielleicht sind sie die heimlichen Stars des Teams". 

 

Wobei wir endlich wieder zum Thema Hochsensibilität kommen. Ich glaube, dass die ständige Erreichbarkeit, das Gläserne von sozialen Medien für uns besonders anstrengend ist. Oder was denkt ihr? Markus Albers' Buch hat mir die Augen dafür geöffnet, was ich oft falsch mache und was mir gut tun kann. Klarer Tipp! Letztendlich geht es auch um das Thema Achtsamkeit, das immer mehr in den Fokus der Medien zu geraten scheint.

 

Also, passt auf euch auf! Tut Dinge, die euch wirklich gut tun!

 

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