5 Fragen an: Katharina Sandreuther, Trauerbegleiterin

 

Ich bin Katharina, 36 Jahre, bin Mama von einem ganz tollen Jungen und lebe seit 2014 mit ihm und unserem Kater in der schönen Schweiz. Meinen Mann und unseren Papa haben wir 2012 ganz plötzlich verloren. Geholfen diese Zeit zu überleben und wieder in mein eigenes Leben zu finden, hat mir unter anderem das Malen. Heute kann ich sagen, dass ich wieder in meinem Leben angekommen bin. Klar verändert es einen, und es begleitet einen, aber ich empfinde es heute nicht mehr als negativ. Ich lache, bis mir die Tränen kommen, ich genieße und freue mich über das Leben und die kleinen Momente, ich bin aufmerksamer geworden, manchmal vielleicht auch sensibler. Ich erlebe es aber als einen großen Schatz. Ansonsten tanze ich furchtbar gerne, ich koche, lese und höre Hörbücher, meditiere…  Malen muss ich nicht extra erwähnen, glaub ich. Ich liebe das Wasser, da werde ich sofort ruhiger. Ich bin gern unter Menschen, aber ich kann auch mal ein ganzes Wochenende in Ruhe zu Hause verbringen. Das kommt auch mal vor. Und ich bin durch und durch ein Optimist. 

 

Bist du hochsensibel und vielbegabt? 

Ich habe es nie beim Arzt abklären lassen, aber ich finde mich in ganz vielen Beschreibungen wieder. Ich spüre sehr schnell Emotionen und Gefühle bei anderen, gehe da sehr schnell in Resonanz. Ich bin sensibel was Geräusche und Gerüche angeht, ich kann mich sehr gut in andere hineinversetzen, mich berühren Filme zutiefst. Ich bin ein sehr kreativer Mensch und bin für vieles sehr schnell zu begeistern, habe dann 1001 Ideen im Kopf. Also ja, ich glaube ich bin hochsensibel und vielbegabt. 

 

Wie kamst du auf die Idee mit der Trauerbegleitung?

 

Es war nicht wirklich eine Idee, wie man sie bei der Überlegung zu einem Geburtstagsgeschenk bekommt oder so. Ich wurde eher dort hingeschubst. Ich habe 2012 meinen Mann ganz unerwartet am plötzlichen Herztod verloren. Für mich brach damals eine Welt zusammen. Mein Sohn war gerade ein Jahr alt und für mich stand mit Anfang 30 erst einmal die Welt still. Es war das Schlimmste was mir je passiert ist. Ich habe schnell gemerkt, dass ich Hilfe und Unterstützung brauchte. Vor allen Dingen brauchte ich einen Ort an dem ich trauern konnte. Ich habe ganz viel versucht, aber es war unglaublich, dass sich in so akuten Situation keiner zuständig fühlte. Es gab riesige Wartelisten bei Psychologen. Ich war damals wirklich entsetzt. 

 

Ich habe dann nach ein paar Monaten endlich doch noch einen Therapeuten gefunden zu dem ich gehen konnte. Das war wirklich ein Riesenglück! Und da bekam ich dann MEINE Zeit für MEINE Trauer. Zu Hause musste ich ja irgendwie funktionieren. Und ehrlich gesagt hatte ich auch riesigen Schiss davor, mit diesen ganzen Gefühlen alleine zu sein. 

Ich habe mich seitdem viel mit dem Thema Trauer, Tod, Sterben und das Leben beschäftigt. Ich habe viel gemalt, versucht das was ich nicht in Worte fassen konnte in Bildern auszudrücken. Nicht nur die Trauer, sondern auch immer wieder meinen inneren, heilen Kern, meine Lebendigkeit. Den habe ich mir immer wieder über meine Bilder, ganz intuitiv, gemalt und gezeigt. Das war jedesmal eine riesige Beruhigung für mich.

All diese eigenen Erfahrungen und meine Liebe zu meinem Beruf als Therapeutin haben mich dann letztendlich dazu motiviert Menschen in schwierigen Lebenssituation vor allem aber in ihrer Trauer zu begleiten und zu unterstützen. Ich will anderen Menschen die Möglichkeit geben, verstanden und gut begleitet durch ihre Trauer zu gehen.   

 

Was hast du vorher alles gemacht?

 

Ich habe zwölf Jahre als Ergotherapeutin mit Erwachsenen in Bayern gearbeitet, habe dort auch Entspannungstraining und Yoga für Kinder und Erwachsene nebenbei angeboten - im Kindergarten und auch über die VHS. Mein Beruf als Ergotherapeutin hat mich nach ein paar Jahren nicht mehr ausreichend erfüllt. Ich wollte noch mehr über den Menschen wissen, ihn als Ganzes noch besser verstehen. Da stand dann relativ schnell fest, dass ich noch eine zusätzliche Ausbildung zur Kunsttherapeutin starte. In dieser Arbeit gehe ich so richtig auf. Ich liebe es wenn die eigene Kreativität entdeckt und die eigene Identität klarer wird, wenn sich selbst liebevoll begegnet, und dabei Lebendigkeit spürbar wird. Aber auch, wenn durch das kreative Arbeiten, Emotionen sichtbar werden und auch schwere Themen Platz haben dürfen und  darüber ausgedrückt werden können und somit der Druck und die Anspannung sich schon einmal lösen können. Das bin ich ganz in meinem Element, das erfüllt mich. 

 

2014 bin ich dann mit meinem Sohn in die Schweiz ausgewandert. Hier habe ich in einer psychosomatischen Klinik als Kunst- & Ergotherapeutin begonnen zu arbeiten. Und heute arbeite ich auch Selbstständig. Das war ein langjähriger Wunsch und Traum von mir, den ich mir endlich erfüllt habe. Es gibt also die Möglichkeit mit mir direkt zu arbeiten in meinem Atelier, oder aber auch online. Das ist für viele einfacher. 

Und Pläne für nächstes Jahr habe ich auch schon. Ich möchte mehr Humor in meine Arbeit bringen. Das klingt jetzt vielleicht komisch, aber Humor ist so wichtig! Es bringt uns Glücksmomente und Auszeiten in schweren Zeiten. 

 

Wie gehst du vor, um Menschen aus ihrer Trauer wieder heraus zu führen? 

 

Da jeder Mensch ganz individuell trauert kann ich dazu gar kein vorgefertigtes Konzept vorlegen. Aber mein Augenmerk liegt in erster Linie darauf den Trauernden wieder in sein eigenes Leben, seine Lebendigkeit und Freude zu führen. Trau dich ins Leben ist mein Motto. 

Entwickelt habe ich dazu ein 6-Monats-Programm. Ziel ist es danach stabiler zu sein und wieder mehr Leichtigkeit zu spüren. Mal sehen, ob ich es kurz zusammenfassen kann. Wichtig ist mir den Menschen kennen zu lernen der zu mir kommt, aber auch den Menschen kennen zu lernen der verstorben ist. 

Ich merke einfach immer wieder, wie wichtig es ist auch über die Verstorbenen zu reden. Wie sie waren, was erlebt wurde - da spürt man so viel Liebe. Totschweigen müssen wir sie nicht auch noch. 

 

Stabilität und Halt ist etwas, was extrem wichtig in der Trauerbegleitung ist. Sich erden und das Gefühl haben den Boden unter den Füssen wieder zu spüren gibt Sicherheit.   

 

Ein weiterer Schritt ist, Techniken und Übungen zu finden die Entspannung bringen. In der Trauer steckt man unter ständiger Anspannung und Unruhe. Man braucht aber Kraft und Energie um da durchzuhalten und den Alltag irgendwie zu meistern.    

 

Die größte Herausforderung ist, sich mit dem Verlust und den dazugehörigen Gefühlen auseinander zu setzen. Sie wahrzunehmen und keine Angst davor zu haben. Alles in dem Masse und Tempo wie es möglich ist und für denjenigen stimmt. Dazu gehört auch die Situation so anzunehmen wie sie im Moment ist. Es geht nicht ums Loslassen, sondern das Los (die Situation) so zu belassen. Wir können sie leider nicht ändern, auch wenn wir das noch so gerne tun möchten. 

Und es geht darum die Liebe die die beiden Menschen verbindet anzuschauen und sie nun auf andere Art und Weise in das Leben zu integrieren. 

 

Natürlich schauen wir uns auch die eigenen Kräfte und Ressourcen an. Wo stecken sie? Sich der eigenen Fähigkeiten sicher zu sein, dass sie nicht verloren gegangen sind, das beruhigt und gibt Kraft. Und mit diesen können wir dann auch neue Perspektiven entwickeln. Wie geht mein Leben weiter, welche Richtung möchte ich einschlagen? Was ist mein nächster Schritt? Was brauche ich dazu? Wie kann ich mich neu ordnen und organisieren? 

 

Wir wiederholen immer wieder auch Techniken und Übungen um weiter Sicherheit zu bekommen und spüren noch nach, wo es weiter Unterstützung und Begleitung braucht. Schauen und würdigen was schon alles geschafft wurde. Es ist wie ein aufbrechen in ein neues Leben. Sich in sein eigenes leben trau(er)n! 

 

 

Was bietest du alles genau an? 

 

Ich arbeite unter anderem mit 

- kunsttherapeutischen Mitteln vor allem über das Malen, 

- Imaginationen/Meditationen,

- Achtsamkeitsübungen, 

- Gesprächen.

 

Mehr von und über Katharina Sandreuther unter

katharina-sandreuther.com

 

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